Walter Lauber
Walter Lauber ist am 13. September 2006 gestorben. Er wurde am jüdischen Friedhof in Klosterneuburg bestattet. Wenn ein jüdischer Friedhof in einer Gemeinde in Österreich im Jahre 2006 ein Begräbnis zu verzeichnen hat, so heißt das auch, dass hier wieder ‚normales’ jüdisches Leben stattfindet.
Wer war Walter Lauber?
Walter Lauber wurde am 14. August 1918 in eine Wiener jüdischen Familie geboren, die ursprünglich aus einem Schtetl bei Krakau / Polen stammte. Als letztes von vier Kindern wuchs er im 2. Wiener Gemeindebezirk in jüdisch assimiliertem Milieu auf. Die Familie lebte in einfachen Verhältnissen, sein Vater war überzeugter Sozialdemokrat und prägte Walter nicht nur in politischer Hinsicht, sondern auch in seinem starken Gerechtigkeitssinn und in seiner ausgeprägten sozialen Ader. Die Mutter beschrieb Walter als hilfsbereit, großzügig und warmherzig.
Einen Großteil seiner Kindheits- und Jugendjahre verbrachte Walter mit Freunden im Prater. Noch im Alter bekam er leuchtende Augen, wenn er von seinen Jugendstreichen in den „Prater - plotten“ berichtete, als sie den Pferden der berittenen Polizisten U-Hakerln auf die Hinterteile schossen. Er betrieb außerdem Sport im jüdischen Sportverein Hakoah und wurde sogar Jugendnationalmeister im Speerwerfen.
Den Antisemitismus bekam er als Wiener Jude schon früh zu spüren. Einige seiner Klassenkollegen, die äußerlich als Juden erkennbar waren, wurden regelmäßig auf der Straße verprügelt. Walter setzte sich für sie ein.
Es kam der Anschluss und auch der Familie wurde klar, dass für Juden in Wien kein Bleiben mehr war. Sie suchten nach Möglichkeiten zur Flucht. Durch einen glücklichen Zufall gelang es Walter für die ganze Familie Pässe zu bekommen, er selbst floh noch 1938 mit einem Cousin illegal über die Berge in die Schweiz und weiter nach Frankreich, wo er wegen illegalen Aufenthalts in ein Internierungslager kam. Von dort konnte er flüchten und erreichte mit einem der letzten Schiffe die USA.
Seiner Mutter und seinen Zwillingsschwestern gelang ebenfalls die Flucht, sie bekamen ein Arbeitspermit von einer Familie in London. Der Vater wurde in der Reichspogromnacht verhaftet, verprügelt, und starb 2 Wochen später an den Folgen der Verletzungen. Walters älterem Bruder gelang die Flucht bis nach Frankreich, doch dort kam er in das Auffanglager Drancy, wurde nach Auschwitz transportiert und ermordet. Auch alle Verwandten in Polen - Großeltern, Tanten und Onkeln, Cousins und Cousinen - wurden in den Konzentrationslagern umgebracht.
Walter lebte in New York. Er gründete dort mit anderen Emigranten die „Austrian American Youth“. Diese Gruppe bot für die jungen Flüchtlinge Halt und war wie eine große Ersatz-Familie. Ihr Ziel war es, sich für ein freies, demokratisches Österreich einzusetzen und vor allem für einander da zu sein. Neben diversen Hilfsarbeitsjobs war Walter in dieser "Austrian American Youth" tätig und verantwortlich für den Sport. Er organisierte Freizeitaktivitäten für die etwa 1500 Mitglieder und erlebte dort einen Zusammenhalt, der ihn sein Leben lang begleitete und prägte. Die meisten der Freundschaften stammten aus dieser Zeit.
1942 meldete sich Walter als Freiwilliger in die US-Army und wurde kurz vor Kriegsende in Italien schwer verwundet. Er war drei Jahre im Spital, wo er seine spätere Frau Cilly kennen lernte, die ebenfalls als Jüdin aus Wien geflüchtet war. Sie heirateten 1948 in New York. Im Jahr 1949, nach der Geburt ihres Sohnes Hans und kurz vor der Geburt ihrer Tochter Kitty, entschieden sie sich nach Wien zurück zu kehren.
Wien blieb - trotz allem - ihre Heimat.
Zurück in Europa half Walter bei den Recherchen zur Festnahme von Kriegsverbrechern für die Nürnberger Prozesse. Er arbeitete als Journalist, engagierte sich in der Gewerkschaft und war ein sehr kritischer Kommunist. Er trat aber, als 1968 russische Panzer den „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ in der Tschechoslowakei niederwalzten, aus der Kommunistischen Partei aus.
Sehr früh begann er in diversen Umweltorganisationen zu arbeiten, trat für Frauenrechte ein und war engagiert, wenn es um soziale Fragen ging.
Für Walter stand Gerechtigkeit immer an oberster Stelle, er war warmherzig und lustig, ist in seinem Herzen jung geblieben und wollte immer Neues lernen. Er hat die Menschen geliebt und immer das Positive gesehen - damit hat er vielen Menschen Kraft gegeben. Vor allem nach seinem Tod haben viele Freunde und ehemalige Arbeitskollegen berichtet, was für ein großes Vorbild Walter für sie in dieser Hinsicht war.
Sein großes Engagement und seine Stärke sollen in der Arbeit unseres Vereins weitergetragen werden. Das ist wohl der wichtigste Grund, warum der Verein seinen Namen trägt. Walters Tod hat den Friedhof wieder in Erinnerung gerufen. Mittlerweile ist auch seine Frau Cilly neben ihm begraben.
Die Erhaltung des Friedhofs wird dazu beitragen, dass die Menschen, die auf diesem Friedhof begraben sind, hier in Ruhe und Würde liegen können und nicht vergessen werden. Ein Friedhof muss nicht nur ein Ort der Trauer sein, er kann auch ein Ort der Begegnung, ein Ort der Erinnerung sein, an dem vergangenes Leben wieder spürbar wird.